Rund
300 Abende im Jahr sitzen sie im Orchestergraben der Württembergischen
Staatsoper und spielen, was sie oft hundertfach gespielt haben. Da mag
sich schon Routine einschleichen. Gute Musiker haben jedoch etwas gegen
pure Routine, die an der Kreativität zehrt. Und so entstand 1972 -
weitab von der schönen blauen Donau - das Stuttgarter Strauss-Ensemble;
unter der Prämisse: Was die Kollegen Boskovsky
und Puschacher in Wien können, das
können wir auch in Stuttgart konzipierte Konzertmeister Arthur Kulling
seine ersten Arrangements, die neben den Kompositionen der Strauss - Dynastie
auch Tanzkompositionen der Wiener Klassik von Mozart, Beethoven und Schubert
umfassten. Aus der zwischen Orchesterprobe, Abendvorstellung und Kantine
besprochenen Idee wurde eine Realität; sechs Streicher und sechs Bläser
fanden sich zusammen, um ein schillerndes Kapitel galanter Musikgeschichte
neu aufzublättern. Arthur Kulling, der das Ensemble als Geiger leitet,
arrangiert zu diesem Zweck das Repertoire des Strauss-Ensembles für
die spezielle Besetzung mit drei Violinen, Bratsche, Cello, Kontrabaß,
Flöte, Klarinette, Oboe, Fagott und zwei Waldhörnern.
|
|
Die Anfangserfolge waren so eindeutig, dass sogleich Konzertverpflichtungen nach Baden-Baden und vielen anderen Orten folgten. Als „Gäste im Studio" traten die zwölf Künstler am 3. April 1976 erstmals im Süddeutschen Rundfunk auf; im Mai wirkten sie in der SDR-Veranstaltung „Damals und heute" in der Stuttgarter Liederhalle mit und fanden ein begeistertes Publikum, das sie schon am „Schwäbischen Sonntag" 1975 in Stuttgart kennengelernt hatte. 1977 kommt die erste Auslandsreise nach Spanien, und während der Bundesgartenschau in Stuttgart war das Strauss-Ensemble ebenfalls zu hören. Es folgten weitere Auslandstourneen nach Italien, nach Südafrika, Schweden, Dänemark, Österreich und Norwegen sowie zwei eigene Sendung im ZDF ("Weibergschichten von den Strauß-Brüdern" und "Strauss in Mainz") und weitere Fernsehauftritte bei "Verstehen Sie Spaß" und monatliche Sendungen im SWR. Mittlerweile hatte sich das Ensemble in Alt-Wiener Strauss-Ensemble Stuttgart umbenannt. Einer der Gründe war eine begeisterte Kritik des Wiener Strauss - Kenners und Forschers Dr. Marcel Prawy, der dem Ensemble und den Arrangements Arthur Kullings das besondere Prädikat verlieh: es klinge wie im "Alten Wien". Auslöser war der Vergleich - es sei kein Unterschied in Instrumentation und Spielweise hörbar ! - mit einigen von ihm gefundenen Tonwalzen, auf denen Eduard Strauss mit der legendären Strausskapelle original zu hören war. Fünf Jahre nach der Gründung war das Ensemble in das Große Haus der Staatsoper Stuttgart umgezogen und spielte dort ab 1977 über 30 Jahre lang in Folge die Neujahrskonzerte am 1. Januar. Neben den Konzerten in Stuttgart wurden die Neujahrskonzerte des Ensembles auch in der Strauss-Stadt Coburg und in Bayreuth zur beliebten Tradition, die sich bis zum heutigen Tag erhalten hat und 2012 in Coburg ebenfalls ein Jubiläum feiern kann: das 25 -jährige. Arthur Kulling, der seine Arrangements mittlerweile auch auf die Operetten des Genius Johann Strauss ausgedehnt hat und damit vielen kleinen Bühnen Aufführungen auch mit kleiner Orchesterbesetzung ermöglichte, hat als musikalischer Leiter der Operettenproduktionen von "joke" (Junges Operetten und Konzert Ensemble) in Stuttgart und Umgebung die Operette wieder etabliert. Im Wilhelma - Theater, in der Filderhalle, in der alten Reithalle Stuttgart und in der Stadthalle Fellbach, in Basel und Möriken konnten die Produktionen unter seiner Leitung Erfolge feiern. Dieses
unermüdliche Engagement für die Strauss'sche Musik gipfelte 1991
für Arthur Kulling in der Wahl zum Ersten Vorsitzenden der Deutschen
Johann Strauss-Gesellschaft mit Sitz in der Strauss-Stadt Coburg. Er hat
dieses Amt bis 2006 mit Leidenschaft und großen Erfolgen ausgefüllt,
nur einer der vielen Aspekte, die im Juni 2002 dazu führten, dass
er für sein unermüdliches kulturelles Schaffen mit dem Bundesverdienstkreuz
ausgezeichnet wurde.
|
|
Beginnend
mit der ersten Langspielplatten-Einspielung 1976 (So Klang's
im alten Wien") entstand nach und nach die mittlerweile auf 9 CDs
angewachsene Tonträgerkollektion.
und
ist dem 2009 tragisch verstorbenen Genius Arthur Kulling gewidmet, von
dessen liebenswerten und innigen Arrangements hier wohl einige der schönsten
zu hören sind, darunter die geniale Version des Rosenkavalierwalzers
von Richard Strauss.
Unter Ralph Kullings Leitung konzertiert das nach und nach verjüngte Ensemble weiterhin bundesweit (u.a. beim Schleswig Holstein Musikfestival, in Essen, Hamburg, Coburg, Hamm, Bayreuth) weitere Tourneen und Gastspiele führen erstmals in die Strauss-Hochburg Wien, auf die Kanarischen Inseln und sogar zwei Mal in die Türkei. Ein Ende der Aktivitäten des AWSE ist nicht abzusehen, solange es noch Regionen auf der Welt gibt, die bislang nicht in den Genuss der gefühlvollen und höchst authentischen Interpretationen Strauss'scher Musik im Alt-Wiener Gewand gekommen sind. |
|